Die Menschen hier vertrauen einander und sind alle sehr herzlich. Viele schließen ihr Auto und Haus nicht ab. Das habe ich gelernt, als mich eine gute Freundin mit dem Auto mitgenommen hatte und wir noch schnell etwas Einkaufen wollten. Wir hielten an, die Autofenster waren heruntergefahren und meine Freundin hat die Autoschlüssel auf dem Beifahrersitz liegen gelassen. Als ich sie darauf angesprochen habe (ich dachte es war ein Versehen), sagte sie nur zu mir: "Wenn ich mir eines Tages Sorgen um mein Auto machen muss, dann möchte ich nicht mehr in Sitka wohnen.". Scheinbar gibt es hier keine großen Probleme mit Kriminalität. Mein Dad schließt sein Auto auch nicht ab und das Haus verschließen wir meistens nur in der Nacht.
Was fast alle Menschen hier gemeinsam haben, sind die Gummistiefel. Ich weiß nicht warum, aber an meiner Schule hat jeder die selben Gummistiefel und auch viele Erwachsene besitzen sie (ich hab auch welche). Sie sind nicht bildhübsch aber sie erfüllen ihre Funktion und man benötigt sie fast jeden Tag, denn es regnet sehr viel.
In Deutschland würde man seine Freunde fragen, ob sie Lust haben ins Kino zu gehen oder sich in der Stadt zu treffen. Hier in Alaska ist es scheinbar normal für Jungs ein Mädchen zum Zielschießen auf dem Schießstand einzuladen oder eine Bootstour inklusive Wahlbeobachtung zu planen. Um ehrlich zu sein, ich finde den Alaskastil besser.
Die Menschen sind größtenteils so gekleidet, dass sie jederzeit für alle Arten von Wetter gewappnet sind und etwas draußen machen können. Ich bin eine der Wenigen an meiner Schule, die Jeans anzieht. Die meisten tragen Outdoor-Kleidung und Yoga Pants. Ich trage so gut wie immer Pullover in der Schule und alle anderen tragen T-Shirts. Mein Dad sagt ich werde mich an die Temperaturen gewöhnen und ich hoffe er behält recht, denn im Winter wird es nocheinmal kälter.
Hier kennt jeder jeden. Wenn meine Gastfamilie und ich abends immer zusammen Abendbrot essen handeln die Gespräche oft von dem Sohn/ Bruder/ Vater einer Freundin/ Arbeitskollegin/ Klassenkameradin. Meine Gasteltern kennen viele meiner Mitschüler seit diese sehr jung sind, daher kann ich sie immerzu über Leute ausfragen.
In Sitka gibt es zwei High Schools. Die coole Sitka High School (welche ich besuche) und die weniger coole Mt. Edgecumbe High School. Wie man vielleicht merkt, die beiden Schulen sind Rivalen. Mein Volleyballteam hatte diese Woche ein Heimspiel gegen Mt. Edgecumbe und es ging ganzschön heiß her. fast jeder Schüler von Sitka High war da um uns anzufeuern und die Fans haben immerzu gesungen, gejubelt und geklatscht. Es hat sehr viel Spaß gemacht, wir haben alle sehr gut gespielt und mein Coach war zufrieden, wodurch es nicht so schlimm war, dass mein Team verloren hat.
Ich möchte heute nocheinmal die Gelegenheit nutzen über meine Gastfamilie zu schwärmen. Ich fühle mich hier richtig geborgen und wohl. Mein Gastvater und ich schauen immer die Seattle Footballspiele an und er hat mir ein Trikot von meinem Lieblingsspieler (Marshawn Lynch) gekauft, welches ich mit Stolz morgen in der Schule tragen werde. Wir unternehmen viel zusammen, z.B. haben wir heute ein Reservat für Bären besichtigt und waren im Nationalpark. Mein Dad ist sehr fürsorglich und behandelt mich wie seine eigene Tochter. Als ich mich das erste Mal mit einem Kumpel getroffen habe und er mich zu dem Treffen gefahren hat, hat er zu mir im Auto gesagt, er vertraue keinen Jungs und er möchte immer wissen wo ich bin (das klingt eventuell nicht so gut, aber ich finde meinen Dad einfach nur süß). Wir blödeln viel zusammen herum und ich kann ihn alles fragen was ich möchte. Durch meine Gastschwester habe ich viele Freunde gefunden und wir treffen uns immer alle zusammen. Mein Dad hat vor einigen Jahren mal für Alaska Airlines gearbeitet und als ehemaliger Mitarbeiter kann er kostenlos fliegen. Noch cooler ist, dass seine Familie auch nichts bezahlen muss und er hat mir eine Karte besorgt, wodurch ich jetzt kostenlos mit Alaska Airlines fliegen kann. Wir werden dies auch nächstes Wochenende ausnutzen, denn wir werden nach Seattle fliegen und dort das Wochenende verbringen. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob ich erzählt habe, was mein Dad beruflich macht. Falls ja, dann tut mir die Wiederholung leid. Mein Dad hat seine eigene Schokoladenfirma, wodurch ich die Möglichkeit habe, meine Freunde in der Schule mit Schokolade auszustatten.
Ich helfe Dienstags und Donnerstags einem Lehrer an der Grundschule in Sitka mit seiner 2. Klasse aus. Das macht mir richtig viel Spaß und die Kinder sind zuckersüß. Ich werde von ihnen "Miss Tessa" genannt und sie wollen immer, dass ich ganz viel rede, weil sie meinen Akzent mögen. Als ich auf Wunsch des Lehrers etwas Deutsch gesprochen habe, sagte ein kleiner Junge zu mir, ich klänge wie ein "Alien". Die Kinder dürfen sich ihren Lehrer auswählen, wenn es Zeit zum Vorlesen ist und fast alle wollen mich als ihren Vorleser. Ich glaube, dass ich alle hier richtig ins Herz schließen werde (vorallem ein kleines Mädchen namens Marley, welche mich immer umarmt wenn ich komme und von welcher ich schon Einladungen zum Spielen bekommen habe) und ich kann mich an "Miss Tessa" durchaus gewöhnen.
Mein Trikot |
Ich habe meine Meinung geändert: ich möchte nun doch keinen Bären in freier Wildbahn begegnen (die sind verdammt groß) |
So ein Ausblick macht Autofahren zum Erlebnis |
Unser erstes Volleyballteam, #7 ist meine Gastschwester Minh |
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