Sonntag, 11. Oktober 2015

Feeling like an American

In den letzten drei Tagen habe ich mich wie ein echter amerikanischer Teenager gefühlt. Ich hatte dieses Wochenende keine Volleyballspiele und habe meine Zeit anderweitig genutzt. Am Freitag haben meine Freunde und ich eine Pyjama-Party gefeiert, Pizza gegessen und Filme angeschaut. Besonders lustig wurde es, als von meiner Freundin die kleine Schwester zu mir gesagt hat, dass sie ein Experte in Sachen USA wäre und ich sie alles fragen könne. Das habe ich dann auch gemacht. Auf die Frage, warum Amerikaner so vernarrt in Waffen sind, sagte das 11-jährige Mädchen zu mir: "Weil man die Macht in den Händen trägt jemandes Kopf wegzuschießen." Ok, das war ehrlich und ließ keinen Raum für Diskussionen. So etwas von einer 11-jährigen zu hören war komisch für mich. In den USA können selbst kleine Kinder eine Waffe abfeuern. 

Am Samstag bin ich dann zeitig aufgestanden um zum Pumpkin Patch zu gehen. Pumpkin Patch ist eine Wohltätigkeitsveranstaltung des Kindergartens in Sitka, wo viel Essen verkauft wird, die Kinder ihren Spaß haben und sich alles um Kürbisse dreht (Amerikaner sind verrückt wenn es um Kürbisse geht). Ich habe dort ausgeholfen und sechs Stunden damit verbracht Getränke zu verkaufen und von Kindern die Gesichter mit Einhörnern, Regenbögen, Herzen, Sternen, Kürbissen, Spinnen und Spinnennetzen, Oktopussen, Cupcakes und Katzen zu bemalen. Das Resultat: eine Menge Spaß, eine bunte Hose und eine Hand voller Glitter. Wir haben eine Menge Essen verkauft und viel Geld gesammelt. Alle Leute die mitgeholfen haben, haben dies freiwillig gemacht und die Belohnung war ein Hotdog. Das gesamte Geld geht an den Kindergarten.

Nach dem Pumpkin Patch ging es für mich nach Hause zum Umziehen und dann sind mein Dad und ich zum Schießstand gefahren. Auf dem Weg dorthin habe ich aus dem Autofenster geschaut und konnte garnicht glauben was ich gesehen habe! Ca. 50 m von unserem Auto entfernt war ein Grizzlybär, ein großer, wilder, wohlgeformter Grizzlybär. Wir sind sofort zu einer kleinen Aussichtplattform gefahren, die nur ein paar Meter entfernt war und haben den Bären von ungefähr 30 m Nähe betrachtet. Das war gigantisch für mich, der Bär hätte, wenn er gewollt hätte, in ein paar Sekunden bei uns seien können aber das hat den Bären scheinbar nicht interessiert. Nachdem ich viele Fotos gemacht habe, hat der Bär angefangen einen Fisch seeeehr laut zu essen. 

Danach sind mein Dad und ich weiter zum Schießstand gefahren und ich habe mich gewundert warum ich keine Schüsse gehört habe. Und auf einmal habe ich Schüsse gehört und ich habe mich dermaßen erschrocken, dass mein Dad garnicht mehr aufhören konnte zu lachen. Mein Dad hat mir die wichtigsten Regeln über den Umgang mit Schusswaffen erklärt (1. immer wenn dir jemand eine Waffe gibt, kontrolliere ob sie geladen ist, 2. ziele niemals auf jemanden) und mir Ohrenschützer gegeben, was ich sehr begrüßt habe. Ich bin zwar immernoch jedesmal zusammengezuckt wenn ich einen Schuss gehört habe, aber es wurde besser. Mein Dad hat mir zuerst gezeigt wie man eine Waffe hält, zielt und abfeuert. Dann war ich an der Reihe. Ich war super aufgeregt als ich die Waffe in der Hand gehalten habe und als mein Dad zu mir gesagt hatte, ich solle sie nun entsichern, da dachte ich: "Ok Tessa, mach jetzt ja nichts falsch!!!" Meine Hand hat gezittert, nach jedem Atemzug musste ich neu zielen, das Ziel in 50 m Entfernung sah ganzschön klein aus, aber schließlich habe ich abgedrückt und habe mich gefragt, ob ich das gerade wirklich getan habe. Yep, ich habe zum ersten Mal in meinem Leben eine Schusswaffe abgefeuert und ich habe es noch weitere fünf Mal wiederholt. Dann sind mein Dad und ich zum Ziel gegangen und ich dachte, ich hätte alle daneben geschossen, aber wie sich herausgestellt hatte bin ich ziemlich gut im Zielen. Die Waffe war ein 22-Kaliber und hatte fast garkeinen Rückstoß. Mein Dad hat gesagt, dass man mit dieser Waffe Menschen töten könnte. Dann habe ich mit einer anderen Waffe geschossen, Kaliber 6. Man hat den Unterschied zwischen den Kugeln deutlich gesehen und die Waffe war deutlich schwerer. Auch das Gefühl war anders, denn diese Waffe hatte einen Rückstoß, was ziemlich unangenehm ist. Ich habe dreimal aus 100 m Entfernung geschossen und dann sind wir zum Ziel gelaufen. Auch hier war ich gut im Zielen. Mein Dad hat zu mir gesagt: "Wenn du von 100 m schießst, dann ziele auf die Nase und du blästs die Stirn von jemanden weg. Deine zukünftigen Ex-Freunde sollten sich in Acht nehmen." Das ist mein die Art von Humor, die  mein Dad mag. Ich habe dann nocheinmal mit dem 22-Kaliber geschossen und habe dreimal genau in die Mitte getroffen. Ich war ziemlich stolz auf mich und ich kann nun verstehen, was die Amerikaner am Schießen so lieben. Man muss sich konzentrieren und hat eine Menge Macht, das ist cool und angsteinflößend zu gleich. Ich mag nun zu schießen, aber ich würde mir niemals eine Waffe ins Haus holen. Aber ich freue mich schon wenn ich das nächste Mal mit meinem Dad schießen gehe, vielleicht treffe ich dann alle in die Mitte. Ich habe ein Paar von den leeren Patronenhüllen behalten und werde diese als Andenken mit zurück nach Deutschland nehmen. 

Heute (Sonntag) habe ich es dann ruhiger angehen lassen und den ganzen Tag damit verbracht Football zu schauen und Hausaufgaben zu machen. Es war ein ziemlich ereignisreiches Wochenende und ich fühle mich nun ziemlich amerikanisch.



Pumpkin Patch

Pumpkin Patch

Der Bär, den ich gesehen habe

Der Bär war ganzschön nah

Auf dem Schießstand. Das sind die beiden Waffen mit denen ich geschossen habe. Ganz hinten kann man die kleine weiße Zielscheibe sehen.

Mein Dad beim Zielen

Die oberen drei Löcher haeb ich geschossen mit dem Kaliber 6
Meine Schüsse mit dem Kaliber 22



Die Aussicht vom Supermarktparkplatz ist traumhaft

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